Professor Alber

Fachschaft: Unsere erste Frage an Sie ist, wie war Ihre Schulzeit?

Alber: Wie war meine Schulzeit? Meine Schulzeit war abwechslungsreich, so wie vielleicht bei vielen anderen auch. Was meinen Sie mit wie?

Fachschaft: Haben Sie viel Zeit in Mathematik und Physik investiert? Was waren Ihre Lieblingsfächer?

Alber: Meine Lieblingsfächer waren unterschiedlich. In der Grundschule gab es kein Lieblingsfach. Im Gymnasium war mein erstes Lieblingsfach Englisch, weil es der erste Kontakt mit einer fremden Sprache war. Und immer dann, wenn ein neues Fach dazu kam, hat es mich besonders interessiert. Zuerst war es Englisch, dann Latein, später Altgriechisch. Mein Interesse für Mathematik ist graduell gewachsen. Es war nicht von Anfang an besonders ausgeprägt. Ich war allerdings immer gut in Mathematik. In der Oberstufe ab der 9. Schulstufe habe ich allerdings gemerkt, dass ich in diesem Fach besonders gut war, und Mathematik hat mich dann auch immer mehr interessiert. In den letzten beiden Jahren meiner Gymnasialzeit habe ich mich daher intensiver damit beschäftigt. Physik hat mich immer interessiert, aber ich habe dieses Fach nicht übermäßig intensiv betrieben. Was mich am Fach Mathematik,wie man es in der Schule nennt ( besser sollte man es 'Rechnen' nennen), besonders interessiert hat, waren technische Problemstellungen. Geometrie hat mich sehr interessiert. Dann wurde die Frage aktuell: „Was soll man studieren?“. Ich habe während meiner Schulzeit auch intensiv Klavier gespielt. Ich bin ab dem 12. Lebensjahr an das Konservatorium gegangen. Am Beginn meines Studiums stellte sich daher auch die Frage, ob ich intensiv Musik weiter verfolgen sollte. Das muss man allerdings schon richtig machen oder sich etwas anderem widmen. Das andere, dem ich mich schließlich gewidmet habe, war die Kombination Mathematik/Physik, wobei mir anfänglich allerdings nicht ganz klar war, welchen von beiden Disziplinen ich den Vorzug geben sollte. Ich bin dann an die Technische Universität Wien gegangen. Was mich am Anfang meines Studiums am meisten interessiert hat, war Mathematik, weil die Denkart für mich neu war. Physik war ganz interessant. Aber fasziniert hat mich zunächst Mathematik. Ich hab mich in den ersten beiden Semestern sehr darin vertieft, später wurden mir allerdings viele Problemstellungen zu abstrakt. Das Richtige für mich war als Kompromiss Mathematik angewendet in der Physik, also Theoretische Physik. Das war meine Weichenstellung.

Fachschaft: Wie war Ihr wissenschaftlicher Werdegang nach dem Physikstudium?

Alber: Nach Fertigstellung meiner Dissertation hat sich die tolle Möglichkeit für mich ergeben in die USA zu gehen, zwei Jahre als Postdoc an das Joint Institute for Laboratory Astrophysics (JILA) in Boulder, Colorado. Für mich war es dann eigentlich in dem Moment, als sich unmittelbar nach dem Doktorat diese Möglichkeit ergeben hatte, schon klar, dass ich gerne in der Wissenschaft bleiben möchte. Nach zwei Jahren in JILA bin ich wieder nach Innsbruck zurückgekehrt, wo ich Physik studiert hatte. Ich habe ja zuerst in Wien und anschließend in Innsbruck Physik studiert. Ursprünglich komme ich aus Innsbruck. Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Postdoc in Innsbruck habe ich mich um ein Stipendium der Alexander von Humboldt Stiftung in Deutschland beworben. So bin ich an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg gekommen. In Freiburg bin ich schließlich nicht nur ein Jahr geblieben, was das Stipendium ursprünglich nahegelegt hätte, sondern insgesamt 9 Jahre. In der Zwischenzeit habe ich mich in Innsbruck und Freiburg habilitiert. Anschließend war ich noch 5 Jahre an der Universität Ulm. Im Jahre 2002 bin ich schließlich als Professor für Theoretische Physik hierher nach Darmstadt berufen worden.

Fachschaft: Bleiben wir bei der Forschung. Können Sie für Erstsemestrige verständlich erklären, was Sie in Ihrer alltäglichen Forschungsarbeit machen? Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich?

Alber: Naja, ich kann das schon versuchen, aber ich glaube jemand im ersten Semester wird das nur schwer schätzen können.

Fachschaft: Dann darf die Erklärung auch etwas anspruchsvoller sein.

Alber: Ich arbeite jetzt hauptsächlich auf dem Gebiet der Quanteninformation. Darüber hinaus arbeite ich auch schon sehr lange auf dem umfassenderen Gebiet der Quantenoptik. Ich habe in Innsbruck begonnen mich mit Quantenoptik zu beschäftigen. Als ich in den USA war, habe ich mich allerdings vorwiegend mit Problemen der Atom- umd Molekülphysik beschäftigt. Nach meiner Rückkehr aus den USA habe ich meine Forschungsinteressen wieder mehr in die Quantenoptik verlagert. In der Quantenoptik geht es darum, die Photon-Materie-Wechselwirkung zu studieren, in einem Energiebereich in dem es um Austausch von Photonen im Sichtbaren geht, d.h. ħω ist ungefähr einige eV, also in einem Energiebereich, in dem sich auch die Chemie abspielt. Die Problemstellungen, die in der Quantenoptik behandelt werden, haben sich seit meiner Doktorarbeit sehr gewandelt, da es große experimentelle Durchbrüche in diesem Forschungsgebiet gegeben hat, die letzten Endes dieses Gebiet enorm weiterentwickelt haben. Als ich als Doktorand angefangen habe, hat es interessante Problemstellungen gegeben, die vorwiegend um die Frage kreisten: 'Wie wechselwirkt ein Laserfeld mit Atomen oder Molekülen?' Interessant waren dabei vor allem Fälle, in denen Laserfelder so intensiv sind, dass perturbative Beschreibungsweisen nicht mehr anwendbar sind. Und dann waren es entscheidende experimentelle Entwicklungen,die neue theoretische Fragestellungen in einen Vordergrund gerückt haben, die vorher weitgehend als esoterisch betrachtet wurden. Man war nunmehr im Stande einzelne Atome zu manipulieren. Dadurch ergeben sich natürlich auch faszinierende Fragestellungen zu den Grundlagen der Quantentheorie. Später kamen dann Entwicklungen, wie die Realisierung der Bose-Einstein Kondensation dazu, die das Tor für aktuelle Entwicklungen zur Physik ultrakalter Quantengase öffneten. Und auf diesem Forschungsgebiet arbeite ich jetzt. Man möchte nunmehr diese experimentellen Entwicklungen dazu verwenden, charakteristische Eigenschaften der Quantentheorie für technologische Fortschritte auszunutzen. Das ist eine hochaktuelle wissenschaftliche Marschrichtung. Schlagworte, wie Quantencomputer oder Quantenkryptographie, sind diesem wissenschaftlichen Themenfeld zuzuordnen. Die Entwicklung der Quantenkryptographie ist ja schon relativ weit fortgeschritten. Im Gegensatz dazu wird an der Entwicklung von Quantencomputern oder Quanteninformationsprozessoren derzeit weltweit intensiv gearbeitet. Viel ist schon erreicht. Je nachdem, wie man das Konzept des Quantencomputers fasst, kann man davon sprechen, dass es erste kleine Quantencomputer bereits in führenden Labors gibt. In den nächsten Jahrzehnten wird sich auf diesem Forschungsgebiet sicherlich noch sehr viel tun.

Fachschaft: Was können diese "kleinen" Quantencomputer schon berechnen?

Alber: Es kommt darauf an, was man von einem Quantencomputer erwartet. Was die Entwicklung von Quanteninformationsprozessoren und Quantencomputer anbelangt, ist die Gruppe um Rainer Blatt in Innsbruck eine der weltweit führenden Gruppen. Dort können etwa 10 Qubits - das sind zweidimensonale Quantensysteme – kontrolliert manipuliert werden. Aber das ist noch zu wenig, um besonders interessante Quanten Algorithmen zu implementieren. Somit sind Quantencomputer noch sehr eingeschränkt, aber erste wichtige Schritte sind bereits getan.

Fachschaft: Wie viel Freizeit haben Sie neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit?

Alber: Für mich gibt es eine Dualität bestehend aus Gegensatzpaaren, wie Arbeit und Freizeit, nicht. In einer solchen Betrachtungsweise verbindet man gerne Arbeit mit Pflicht und Freizeit mit Spaß. Für mich sind das keine Gegensatzpaare. Ich kann mich in der Forschung sehr gut realisieren und ausleben.

Fachschaft: Was machen Sie in der Freizeit neben Physik?

Alber: Ich musiziere ab und zu mit meiner Familie und betreibe ein wenig Sport. Der Rest hat eigentlich immer mit meinen Beruf zu tun. Ich bin z.B. viel auf Reisen, schon wegen Begutachtungen oder Konferenzbesuchen. Das ist immer sehr interessant und in meinen Beruf integriert. Somit ist der Beruf sehr vielseitig und zufriedenstellend. Daher brauche ich keinen zusätzlichen Ausgleich.

Fachschaft: Welche Erwartungen haben Sie an Ihre Studierenden?

Alber: Dass sie mit vermittelten Lehrinhalten kreativ arbeiten können. Was man an einem/er Physiker/in schätzt ist, dass die kennengelernten Konzepte als kreative Werkzeuge benutzt werden können, um damit Probleme zu lösen.

Fachschaft: Wie sieht Ihrer Meinung nach eine ideale Klausur aus?

Alber: So z.B. wie die Klausuren, die ich stelle. Das sind von meinem Standpunkt aus alles Idealklausuren. Eine ideale Klausur ist für mich eine, in der - gerade in der Physik - nicht Wissen im Sinne eines Lexikons abfragt wird, sondern eine, in der abgefragt wird, ob man imstande ist, ein gestelltes Problem mit den kennengelernten Methoden zu lösen. Die Probleme, die in einer Klausur gestellt werden, sind typischerweise keine Probleme, welche die Studierenden noch nie gesehen haben. Sie kamen in irgendeiner Form schon in Übungsaufgaben vor. Wichtig ist einerseits, dass Studierende imstande sind, ein Problem präzise zu formulieren, dann aber auch, es richtig zu lösen. Es ist mir sehr wichtig, dass Studierende die Ausdauer aufbringen, ein Problem nicht nur zu formulieren, sondern auch zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Fachschaft: Als Student/in im ersten Semester steht man oftmals vor großen Problemen bei Übungsaufgaben und verzweifelt oft daran. Welche Tipps würden sie Studierenden im ersten Semester mit auf den Weg geben?

Alber: Es führt nichts daran vorbei, dass man hart arbeitet. Das ist auch kein Problem, wenn einem Physik Spaß macht und man intrinsisch motiviert ist. Dann muss man sich dazu nicht zwingen. Physik ist ein Studium, bei dem bereits in den ersten Semestern die Weichen gestellt werden. Wer nicht richtig motiviert ist, ist meist gar nicht imstande, die Lehrinhalte hinreichend zu vertiefen, und läuft dann große Gefahr, früher oder später das Studium abbrechen zu müssen. Ich würde drei Dinge Studierenden mit auf den Weg geben: Arbeiten, arbeiten, arbeiten.

Fachschaft: Kennen Sie einen guten Mathematikerwitz?

Alber: Nein, aber sie erzählen mir bestimmt gleich einen.

Fachschaft: „Problem 1: Ein Physiker und ein Mathematiker sollen Wasser kochen. Eine Feuerstelle ist vorhanden, ebenso ein Topf mit Wasser, der in Position 1 steht. Der Physiker löst das Problem, indem er den Topf auf das Feuer setzt. Der Mathematiker löst es auf die gleiche Weise.

Problem 2: Es soll wieder Wasser gekocht werden. Diesmal steht der Topf mit Wasser in Position 2. Die Feuerstelle ist die gleiche. Der Physiker löst das Problem wieder, indem er den Topf auf die Feuerstelle setzt. Der Mathematiker dagegen stellt den Topf in Position 1 und hat damit das Problem auf das Vorherige zurückgeführt.“

Alber: (lacht) Da ist was dran. Also wenn ein Physiker einen Mathematikerwitz erzählt, wer schneidet dann besser ab, der Physiker oder der Mathematiker? Kennen sie auch einen Mathematikerwitz, bei dem der Mathematiker besser da steht?

Fachschaft: Davon haben wir noch nichts gehört. Kommen wir nun zur letzten Frage, die für viele PhysikerInnen bzw. NaturwissenschaftlerInnen essentiell ist. Kaffee oder Tee?

Alber: Kaffee.

Fachschaft: Wir bedanken uns für die Zeit, die Sie sich für dieses Interview genommen haben.

 

Das Interview wurde von Andreas Kleiner und Philipp Bischoff für die Fachschaft Physik geführt.

Kontakt

Fachschaft Physik

Hochschulstraße 12
64289 Darmstadt

Am besten sind wir per E-Mail zu erreichen.

Twitter Account: @FachschafPhysik

Fachschaftssitzung

Im Sommersemester 2023 finden die Sitzungen mittwochs um 17:15 Uhr in S207/267 statt.

Mehr Informationen dazu hier

 

A A ADrucken DruckenImpressum Impressum | Impressum Datenschutzerklärung | Sitemap Sitemap | Suche Suche | Kontakt Kontakt | Zuletzt geändert 18.05.2023
zum Seitenanfangzum Seitenanfang