Professor Feile

Fachschaft: Am Anfang würde uns ihr akademischer Werdegang interessieren ...

Feile: Nachdem ich 1971 mein Abitur gemacht habe und beim Bund gewesen bin, bin ich nach Mainz und habe dort von 1972 bis 1978 studiert. 1978 Diplom, dann war ich ein halbes bis dreiviertel Jahr am Kernforschungszentrum Karlsruhe als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Dann bin ich zurück nach Mainz zum Promovieren. 1982 promoviert und dann ein Jahr als Post-Doc nach Dänemark gegangen. Dann bin ich wieder nach Mainz zurück.

Fachschaft: ... sehr Mainz lastig...

Feile: ... [lacht] ... jaja, da gab es gute, neue Kollegen und Professoren. Der eine hat mich als Assistent angeheuert. Mit dem habe ich dann eine neue Arbeitsgruppe aufgebaut in Optospektroskopie. Nachdem er dann nach Konstanz gegangen ist, habe ich die Arbeitsgruppe allein weitergeführt. Habe mich dann 1990 habilitiert und mehrere verschiedene Aufenthalte und Lehraufträge gehabt, unter anderem in Saarbrücken, Konstanz, Mainz und in Darmstadt. 1995 wurde ich dann nach Darmstadt berufen.

Fachschaft: Wieso haben sie sich für Physik entschieden?

Feile: Ich meine, sie sehen ja, was hier auf dem Tisch liegt: Hier liegen Spielereien herum. Mich hat Physik schon immer interessiert. So mit Physik zu spielen hat mir Spaß gemacht. Dann war irgendwann die Frage ob es Elektrotechnik oder Physik sein sollte. Die Elektrotechnik war mir dann zu einseitig. Da gibt es noch viele andere Sachen, die mich in der Physik interessieren. Zum Beispiel die Astronomie.

Fachschaft: Würden sie es wieder studieren? Bzw. was würden sie alternativ studieren?

Feile: Also die Anwendung und die Technik interessiert mich sehr. Es hätte ein anderes Fach sein können. Auch die Elektrotechnik hätte es sein können. Die Informatik ist mir ein wenig zu trocken, auch wenn ich gern mit Computern arbeiten. Die ganze Computer-Ära habe ich mitbekommen und auch gerne mitgemacht. Aber ich denke wahrscheinlich würde es wieder auf Physik hinauslaufen.

Fachschaft: Könnten sie vielleicht in einfachen Worten ihr Forschungsgebiet beschreiben, sodass es auch Erst- oder Zweitsemester verstehen können?

Feile: Ich denke mein Interesse in der Physik ist sehr breit. Das war schon in der Zeit zwischen Diplom und Doktorarbeit so. Ich habe mich dann erstmal orientiert. Zuerst war ich in Karlsruhe, dort gab es einen kleinen Forschungsreaktor, an dem ich gearbeitet hab. Dort gab es eine neue Methode: Neutronenstreuung. Letztlich habe ich dann auch Neutronenstreuung weiter gemacht. Ich habe Phasenübergänge in zwei Dimensionen untersucht. Das war damals ein sehr heißes Thema, in dem ich schon vor der Promotion etwas gemacht hatte.

In der Promotion habe ich mir ein Thema mit Supraleitung ausgesucht und zwar wie Supraleitung und Magnetismus miteinander wechselwirken. Man wusste, dass Supraleitung und Magnetismus einander ausgeschlossen haben - zumindest in der damaligen Zeit. Das ist ein Thema, dass ich auch immer mal wieder aufgreife.

In der Habilitation habe ich mich mit Hochtemperatur-Supraleitern beschäftigt. Zwischendurch habe ich immer mal wieder andere Sachen gemacht, die mich einfach interessiert haben. Zum Beispiel Glasübergang in der Natur. Dann habe ich noch dünne Schichten und optische Schichten gemacht. Wo immer es mich interessiert eine Fragestellung zu bearbeiten, versuche ich mit meinen Methoden, also der optischen Spektroskopie, etwas heraus zu finden um dann Phänomene zu erklären.

Nach Darmstadt wurde ich für den Magnetismus berufen. Das hatte sich hier wieder aufgelöst und ich bin geblieben. Dann habe ich meine alten Systeme wieder aufgewärmt: die glasartigen Systeme.

Es gibt da Gele, also Lösungen, aus denen Glas ausfällt. Deren elastischen Eigenschaften habe ich angeschaut. Da suche ich auch die Kollaboration mit Herrn Stühn. Ein weiteres System, dass ich untersuche sind Klatrate. Herr Fujara macht auch etwas in dieser Richtung.

Fachschaft: Was erwarten sie von Bachelor/Master/PHD Studenten, die bei ihnen anfangen möchten?

Feile: Ich erwarte einfach nur Begeisterungsfähigkeit für das Thema und die Bereitschaft einfach mal anzupacken. Wie weit kommt man denn mit den einfachen Ideen, die man als junger Student hat. Das versuche ich immer umzusetzen. Das ist halt auch etwas schwer. Leider führt das verschulte System nicht mehr dazu kreativ zu sein. Deswegen habe ich etwas Probleme Leute zu bekommen, die freier an Probleme gehen. Leider schrecke ich damit auch Studenten ab, die etwas unsicher sind ihre eigene Kreativität zu entfalten. Wer das will und es macht bekommt dafür jede Förderung, die es gibt. Das ist auch meine eigene Art gewesen.

Fachschaft: Welchen Rat würden sie Erstsemester (ob nun Bachelor oder auch Lehramt) am Anfang mit auf dem Weg geben?

Feile: Erstmal alles vergessen, was ich in der Schule gelernt habe. Mich in die Vorlesung rein setzen und fragen, was ich nicht verstanden habe. Wer Interesse an den Sachen hat, hat Fragen. Man kann auch versuchen das Problem selbst zu knacken und zusammen mit Kommilitonen daran zu arbeiten. Das akademische Lernen ist etwas anderes als noch in der Schule. Das zweite, was ich mit gebe ist: Es gibt viele Phasen, in denen man denkt, es ist alles Mist. Da muss man sich einfach durch beißen. Manchmal muss man einfach mal etwas liegen lassen und später wieder aufgreifen. Einfach neue Ideen sammeln. Solche Phasen von Hochs und Tiefs gibt es immer. Dann muss man einfach dran bleiben. Wenn man sich aber durchgebissen hat, dann hat man etwas davon. Man sollte aber noch andere Sachen machen als Physik. Etwa Kultur und Musik.

Fachschaft: Das ist eine schöne Überleitung. Haben Sie denn Hobbies oder überhaupt Zeit für Hobbies?

Feile: Viel Zeit für Hobbies habe ich eigentlich nicht. Das Berufliche strengt mich schon einigermaßen an. Und je älter man wird, desto mehr muss man auch kämpfen, um am Ball zu bleiben. In jungen Jahren fällt es einem viel leichter zu. Das merke ich und die anderen Kollegen auch - das redet man so unter älteren Herrschaften [lacht].

Die Zeit für Hobbies wird immer knapper. Aber sie reicht um hin und wieder ins Theater oder in Musicals zu gehen. Ein eigenes Instrument spiele ich leider nicht.

Ich bin durch die Astronomie zur Physik gekommen, weil mich einfach interessiert hat, was ich durch das Fernrohr so gesehen habe. Ich lese auch viel, was in der Astronomie so passiert. Ich mache mir so meine Gedanken über die Gesellschaft und versuche mich politisch zu informieren.

Ich bin auch politisch aktiv. Nicht bei Parteien, aber freien Wählergemeinschaften. Ich will meine Gedanken auch umsetzen für die Gemeinschaft.

Fachschaft: Wenn sie auf einer einsamen Insel gestrandet wären, welche 5 Dinge würden sie mitnehmen?

Feile: Erstmal gar nichts, dann hätte ich nämlich mal ruhe … (lacht) ... Ich lese viele Zeitschriften. Da es die auf so einer Insel nicht gibt, würde ich wahrscheinlich ein Handy mitnehmen, um alles mitzu bekommen was um mich herum so passiert. Ich würde mich aber erst mal auf der Insel umschauen, zum Beispiel was es zu essen gibt. Ein Kochbuch sollte ich vielleicht mitnehmen. Ein wenig Skrupel hätte ich schon so ein Tier da umzubringen, aber es gibt auch viel, was man vegetarisch machen kann.

Gute Bücher - vielleicht sollte ich mal eins von den alten Klassikern nehmen, zum Beispiel Thomas Mann, Brecht oder Kafka. Ich hatte früher meine eigenen Vorstellungen, von dem was ich gelesen hab. Das stimmte dann nicht ganz mit den Vorstellungen der Lehrer überein. Mal schauen, was ich da heute mit meiner Lebenserfahrung raus holen könnte.

Fachschaft: Kennen Sie einen Physikerwitz?

Feile: Vielleicht einen Klassiker... das wäre der einzige der mir jetzt einfällt. Ein Mathematiker, ein Experimentalphysiker und ein theoretischer Physiker sind auf einer einsamen Insel und jeder von ihnen erhält eine Dose mit was zu Essen. Der Mathematiker sagt: Angenommen die Dose sei offen."Das ist das Letzte was er je aufgeschrieben hat und man findet ihn später verhungert. Der Theoretiker schaut sich die Dose an, macht ein paar Berechnungen mit Lagrange und wirft ihm richtigen Winkel die Dose auf einen Felsen. Der Experimentator wirft die Dose ohne Rechnung einfach gegen den Felsen. Natürlich überleben die beiden Physiker daraufhin.

Fachschaft: Vervollständigen Sie doch bitte mal die folgenden Sätze! Mathematik ist...

Feile: ... ein interessantes Fach. Gerade weil ich früher auch schon in der Schule sehr gerne geknobelt habe. Was mich daran stört, ist die exakte Art Beweise zu führen.

Fachschaft: Das leichteste an der Quantenmechanik ist ...

Feile: ... schweigen (lacht) ... wenn man es verstanden hat, das Rechnen. Da ich selber auch schon während meiner Doktorarbeit, als ich damit zu tun hatte, gerne damit gerechnet habe. Man hat dort recht schnell ein paar praktikable Ergebnisse. Wenn man die Quantenmechanik zu verstehen versucht, tut man sich daran schon schwer.

Fachschaft: Linux ...

Feile: ... habe ich eine Zeit lang favorisiert als ich in meinem früheren jugendlichen Denken gegen den Mainstream gelaufen bin. Aber irgendwann war Windows so einfach geworden, dass ich dann wieder gewechselt bin. Auf der ich zwar immer noch geblieben bin, aber ich sehe immer mal wieder neidisch auf Personen, die mit Linux richtig gut hantieren können.

Fachschaft: Das beste Musik Genre ...

Feile: ... gibt es nicht. Ich bin mit klassischer Musik eingestiegen bis es dann die Beatles gab. Jazz ist auch sehr faszinierend genauso auch viele der neueren, moderneren Musik. Nur bei der Volksmusik und Rap tue ich mir etwas schwer.

Fachschaft: Der letzte gute Film, den Sie gesehen habe, war ...

Feile: ... vielleicht „Lola rennt“, aber auch nur, weil es glaube ich das letzte Mal war, als ich im Kino war. Ich gehe nicht so oft ins Kino.

Fachschaft: Sie sind haben die Position des Studiendekan Lehramt inne. Wie sind Sie zu dieser Position gekommen?

Feile: Eigentlich hat es schon in der Schule begonnen, weil ich dort schon viel Spaß hatte, anderen Dinge zu erklären. Deswegen bin ich auch Hochschullehrer geworden, um anderen einen schwierigen Sachverhalt zu erklären. Das ist oftmals nicht so leicht, das weiß ich selber auch. Lehrer bin ich nicht geworden, da mir das Forschen viel zu viel Spaß macht. Es hat sich alles einfach so entwickelt. Während ich dann schon hier in Darmstadt Hochschullehrer war, wurde mir auch bewusst, dass man dafür Sorge tragen müsse, gute Lehrer auszubilden. Als dann mein Vorgänger in Rente ging, kam die Frage auf, wer von den Hochschullehrern gerne diese Verantwortung übernehmen möchte und da bin ich dann ins kalte Wasser gesprungen. Dann wurden die neuen Studiengänge für das Lehramt entworfen und dann war ich halt als Studiendekan Lehramt mitten drin. Das Ganze macht mir natürlich sehr viel Spaß und ich lerne dabei natürlich auch sehr viel dazu. Allerdings ist es auch mit sehr viel Arbeit verbunden, so dass leider das Forschen darunter leidet.

Fachschaft: Wo sehen Sie den Schwerpunkt in der Lehrerausbildung bzw. was halten Sie für mit das Wichtigste?

Feile: Ich versuche den Spaß, den ich selber auch schon bei den einfachsten, physikalischen Objekten immer noch habe, den jungen Studenten zu wecken. Und das ist etwas, was man in der Schule versuchen sollte zu vermitteln. Den Spaß an der Physik. Sie zu reizen, sich mit physikalischen Fragestellungen auseinander zu setzen. Außerdem den Studenten die Freiheit am freien Experimentieren zu vermitteln, welches sie dann den Schülern herüber bringen sollen, so dass die Schüler auch selbständig Versuche durchführen sollen. Auch möchte ich versuchen die Lehrämtler darauf vorzubereiten, dass sie den Schülern die sogenannten „Soft-Skills"beibringen können, wie z.B. Gruppenarbeit und soziale Kompetenzen zu fördern.

Fachschaft: Was halten Sie von einem normalen Physikabsolventen, der nach seinem Abschluss eine Stelle als Lehrer annimmt?

Feile: Das ist eine Frage, die mir selber oft von Studierenden gestellt wird. Wenn ich dann in den Augen der Studierenden das Funkeln sehen kann, dann sage ich "versucht es, probiert es aus". Es muss einem hauptsächlich halt Spaß machen Physik zu vermitteln, auch die einfache, grundlegende Physik und mit jungen Leute zusammen zu arbeiten. Dann ist man im Lehramt oder als Lehrer schon gut aufgehoben.

Wenn allerdings das Argument zum Wechseln aufkommt, wegen Schwierigkeiten im Physikstudium ins Lehramt zu wechseln oder weil Lehrer ein sicherer Job ist, dann muss ich sagen, dass es nicht die beste Variante ist. Denn diese Art von Lehrern habe ich selber auch bei meinen eigenen Kindern gesehen, die den Spaß an der Physik den Schülern nicht vermitteln konnten.

Was einem aber auch klar sein muss, ist, dass man heutzutage auch einen Kampf mit den Schülern haben kann, so dass man ein gewisses Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit braucht um eine solche Herde von Schülern unter Kontrolle zu halten. Deswegen brauchen wir gerade in der Schule motivierte und gut ausgebildete Lehrer.

Fachschaft: Ja, dann bedanken wir uns recht herzlich für Ihre Zeit.

(Das Interview führten Marc Bausch und Konstantin Ristl im Juli 2010.)

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