Professor Aumann

Die Fachschaft Physik hat sich im März 2011 mit Herrn Prof. Thomas Aumann getroffen, welcher einen Ruf der TU Darmstadt im August 2010 als Professor für experimenteller Kernphysik am Institut für Kernphysik angenommen hat.

Fachschaft: Als erstes möchten wir Sie ganz herzlich hier an der TU Darmstadt begrüßen. Können Sie uns vielleicht kurz zum Einstieg erzählen, was Sie so bisher gemacht haben?

Aumann: Ich habe in Mainz Physik studiert und 1987 mit dem Diplom abgeschlossen. Dort habe ich auch in Kooperation mit der GSI in Darmstadt meine Doktorarbeit zum Thema "Zwei-Phononen Anregung von Riesenresonanzen" geschrieben. Anschließend war ich PostDoc in Mainz und bei der GSI und war dann Ende der Neunziger Jahre in Amerika am „National Superconducting Cyclotron Laboratory“ der Michigan State University. Zurück an der GSI habe ich dann eine permanente Wissenschaftlerstelle als Leiter der LAND Gruppe angenommen. Seit drei Jahren leite ich den Forschungsbereich „Kernreaktionen“ an der GSI.

Seit August 2010 bin ich nun hier an der TU Darmstadt am Institut für Kernphysik als Professor tätig. Die Einrichtung dieser Professur wurde durch die Förderung des Helmholtz International Center for Fair (kurz: HIC4Fair) ermöglicht.

Fachschaft: Wie ist es für Sie nun an eine neue, noch unbekannte Universität zu kommen?

Aumann: Die Kernphysikkollegen kannte ich ja bereits durch Konferenzen, Gespräche und Kooperationen mit der GSI. Für mich ist es einfach nur toll, hier an der Universität zu sein, da wir hier eine sehr starke Kernphysik, sowohl im Experiment als auch auf der theoretischen Seite haben. Ein wichtiger neuer Aspekt auf den ich mich sehr freue ist die Lehrtätigkeit. Es wird sicherlich einige Zeit dauern, bis ich den Universitätsbetrieb kennen gelernt habe.

Fachschaft: Was ändert sich für Sie nun, da Sie den Ruf hier an die TU angenommen haben?

Aumann: Also neu ist jetzt z.B. die Lehrtätigkeit, die einen viel direkteren Kontakt zu den Studenten ermöglicht, die ich dann auch bei ihren Abschlussarbeiten betreuen darf. Ich bin aktuell auch damit beschäftigt meine eigene Arbeitsgruppe hier am Institut weiter auszubauen.

Fachschaft: Wo liegen denn Ihre Forschungsschwerpunkte?

Aumann: Der Schwerpunkt liegt auf Experimenten mit exotischen Strahlen, also Strahlen extrem kurzlebiger Kerne, deren Eigenschaften wir untersuchen wollen.

Die Motivation für diese Arbeiten ist zum einen die Astrophysik aber auch die Kernstrukturphysik, insbesondere das Verständnis wie sich Kerne und deren Eigenschaften verhalten, wenn man das Neutronen-zu-Protonen Verhältnis ins Extreme führt. Die astrophysikalische Komponente hat mit der Synthese der Elemente im Universum zu tun. In solchen stellaren Prozessen sind radioaktive kurzlebige Kerne, im Speziellen neutronenreiche Kerne, von großer Bedeutung. Das heißt, man muss deren Eigenschaften und Reaktionen kennen, um diesen astrophysikalischen Prozess der Elementsynthese zu verstehen. Wir betreiben bei der GSI ein Experiment mit dem Namen „R3B“ (Reactions with Relativistic Radioactice Beams). Dies ist ein recht großes und komplexes Experiment für Kernstrukturphysik, welches eine kinematisch vollständige Messung von Reaktionen dieser exotischen Kerne erlaubt.

Erst werden durch Reaktionen mit stabilen Kernen kurzlebige, instabile Kerne erzeugt, welche dann mit einem Magnetspektrometer selektiert, separiert und zum eigentlichen Experiment geleitet werden. Mit diesen Sekundärstrahlen werden verschiedene Experimente durchgeführt. So regen wir beispielsweise Kerne elektromagnetisch an und beobachten die kollektive Dipolanregung von solchen instabilen Kernen. Dabei hat sich gezeigt, dass zum Teil deutliche Unterschiede zu stabilen Kernen existieren. Wir planen zu diesem Thema auch komplementäre Messungen hier am SDALINAC Beschleuniger im Institut für Kernphysik durchzuführen.

Fachschaft: Sie haben sich für Physik als Studienfach entschieden. Wieso haben Sie sich so entschieden?

Aumann: Ich habe mich für Physik entschieden, weil ich Mathe und Physik in der Schule als Leistungskurs hatte. Da lag es nahe, mit Physik anzufangen...

Fachschaft: ... und würden Sie sich wieder so entscheiden und Physik studieren?

Aumann: Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich es auf jeden Fall wieder tun würde. Ich kann es auch jedem empfehlen, da das Physikstudium sehr vielfältig und interessant ist. Außerdem ergeben sich dadurch sehr viele verschiedene mögliche Berufslaufbahnen als Physiker. Je nachdem, wie sich die Interessen entwickeln, kann man später in der Forschung, der Lehre, der Industrie, im IT-Bereich oder auch in vielen anderen Bereichen arbeiten. Das konnte ich auch bei sehr vielen meiner bisherigen Doktoranden sehen.

Fachschaft: Was erwarten Sie denn von kommenden Bachelor- und Masterstudenten als auch von Doktoranden, welche bei Ihnen ihre Abschlussarbeiten schreiben möchten? Und was wären denn mögliche Themen?

Aumann: Also prinzipiell muss das Interesse da sein und auch eine gewisse Vorkenntnis in der Kernphysik wäre von Vorteil (*lacht*).

Was Bachelor- und Masterarbeiten angeht, gibt es eine Vielzahl von Themen, welche je nach Interesse und Schwerpunkt, die der Student setzen möchte, variiert. Man kann etwa in der Detektor- und Elektronikentwicklung arbeiten, aber auch in Richtung Simulation und Programmierung gehen oder auch bei der Auswertung eines der vielen Experimente mitmachen. Die Experimentdaten müssen dann aber ggf. für eine solche kurze Arbeit bereits schon vorhanden und vorbereitet sind.

Auch für Doktorarbeiten gibt es viele Möglichkeiten. Aktuell wären z.B. Themen zu einem Experiment zur kollektiven Anregung von Kernen. Dazu planen wir Experimente bei der GSI und am SDALINAC im nächsten Jahr durchzuführen. Parallel dazu wäre man dann auch immer mit einer Simulationsentwicklung oder einem Detektoraufbau beschäftigt.

Fachschaft: Sie halten jetzt im kommenden Sommersemester den Fachkurs Kernphysik, welche die Einführung in die Fachrichtung der Kernphysik darstellt. Warum sollte man sich Ihrer Meinung nach für die Fachrichtung Kernphysik entscheiden?

Aumann: Die Kernphysik ist ein sehr vielseitiges Gebiet. Da gibt es die grundsätzlichen Fragen zum Aufbau des Vielteilchensystems Kern, sowie zahlreiche experimentelle Methoden zur Untersuchung der Eigenschaften von Kernen und deren Reaktionen. Und auch die vielen Anwendungen der Kernphysik sowie ihre Bedeutung für die Astrophysik. Es ist einfach ein unglaublich interessantes Forschungsgebiet, in dem man die unterschiedlichsten Wege einschlagen kann.

Fachschaft: Welche Tipps, welchen Rat würden Sie den noch jüngeren Studenten mit auf den Weg in das Studium geben?

Aumann: Es ist sicher hilfreich sich neben dem geplanten Lehrprogramm auch mal in spezielle Vorlesungen zu setzen, um die vielen verschiedenen Bereiche der Physik kennen zu lernen, und seinen persönlichen Interessensschwerpunkt zu finden.

Fachschaft: D.h. Sie halten es auch durchaus für Sinnvoll aus dem Studienplan, der ja durch das aktuelle Studiensystem recht fest ist, auch mal auszubrechen und sich andere Dinge anzuschauen?

Aumann: Ja, ich habe auch schon festgestellt, dass der Lehrplan mittlerweile sehr dicht ist und sehr viel vorgegeben wird, was natürlich die freie Auswahl von Themen etwas erschwert. In der Vergangenheit war es bisher doch etwas einfacher und flexibler.

Fachschaft: Was machen Sie in ihrer Freizeit, wenn Sie sich nicht mit Physik beschäftigen?

Aumann: Meine Freizeit verbringe ich im Wesentlichen mit meiner Familie. Ich habe eine Tochter, die vor kurzem volljährig geworden ist. Und ansonsten macht mir die Arbeit an Haus und Garten sehr viel Spaß.

Fachschaft: Und Ihre Tochter, wird sie auch Physik studieren?

Aumann: Meine Tochter (*lacht*) hat sich schon entschieden nicht Physik zu studieren. Sie denkt im Moment ernsthaft über Medizin nach, was ja auch ein anspruchsvolles und schönes Studium ist.

Fachschaft: Welche 5 Dinge würden Sie denn mit auf eine einsame Insel nehmen?

Aumann: Mhh, ja, die Frage ist natürlich gut...

Fachschaft: Also einen Beschleuniger kann man nicht mitnehmen…!

Aumann: (*lacht*) Ohh, ja, das ist schade. Aber ich würde sagen, wichtig ist etwas zu lesen, auf jeden Fall Musik. Auf der anderen Seite möchte ich natürlich einen Kontakt zu Außenwelt haben, insofern wäre ein Gerät mit dem dieser Kontakt zu halten wäre schon sehr hilfreich. … Also wenn man z.B. ein Laptop mit UMTS Anschluss haben könnte, wäre das schon sehr schön.

Fachschaft: Was war denn in letzter Zeit der Beste Film oder die Beste Musik ihrer Meinung nach?

Aumann: Meine Lieblingsfilme sind immer noch die Star Wars - Filme. Und ja Musik… was gibt es da Neues? Ich habe schon lange keine CD mehr gekauft…

Aber was ich gerne höre ist Gitarren-dominierte Musik. Also z.B. John Martin oder auch gerne etwas jazziger wie Norah Jones. So diese Richtung der Rock-Pop-Musik. Aus meiner Jugendzeit habe ich auch noch einige Platten die sehr rockig sind. Und manchmal packe ich diese alten Erinnerungen aus meiner Studentenzeit wieder aus, ob Hard-Rock oder Bob Dylan. Eigentlich alles Mögliche aus der Richtung höre ich sehr gerne.

Fachschaft: Was für ein Betriebssystem bevorzugen Sie denn: Windows, Linux oder Mac?

Aumann: Also ich muss sagen, ich habe keinen Mac, sondern einen anderen Hersteller…nämlich den, den die GSI einkauft und auf den Laptops ist eben standardmäßig Windows drauf. Also muss ich damit arbeiten. Das ist aber eben nicht meine Entscheidung und deswegen habe ich mich auch mit anderen Systemen nicht beschäftigen müssen.

Fachschaft: Was halten Sie denn thematisch für das Schwerste oder das Leichteste im Fach Physik?

Aumann: Das Schwerste ist immer das, womit man sich am wenigsten beschäftigt hat. Von daher liegt mir die Kernphysik natürlich mehr als z.B. die Festkörperphysik. Deswegen würde es mir auch wesentlich schwerer fallen die Festkörperphysik zu lesen.

Fachschaft: Dann bedanken wir uns bei Ihnen für Ihre Zeit und für dieses nette Interview und wünschen Ihnen weiterhin alles Gute.

(von Marc Bausch und Moritz Bechtold im März 2011)

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