Professor Kröll

Professor Dr. Thorsten Kröll übernimmt seit dem 1. März 2009 die Nachfolge von Professor Zilges am Institut für Kernphysik.

 

Fachschaft: Können Sie uns kurz ihren Werdegang skizzieren?

Kröll: Ich wurde in Frankfurt geboren, also ganz in der Nähe. Dort habe ich auch Physik studiert und promoviert. Während meiner Promotion war ich dann auch schon an der GSI, habe mich also schon angenähert. Danach kamen die normalen Lehr- und Wanderjahre, erst war ich fünf Jahre in Padua in Norditalien, das ist 40km von Venedig entfernt, dann sechs Jahre in München und jetzt bin ich seit 1. März hier.

Fachschaft: Dann ist Ihre Wahl also aufgrund Ihrer Promotion an der GSI auf Darmstadt gefallen?

Kröll: Die TU Darmstadt war interessant aufgrund der Perspektiven, die sich hier bieten. FAIR [Facility for Antiproton and Ion Research, Anm. d. Red.] der Ausbau der GSI ging ja durch die Presse. Wenn an FAIR alles so funktioniert wie geplant, wird es dort weltweit einmalige Möglichkeiten geben. Wenn man auf meinem Gebiet der experimentellen Kernphysik arbeitet, ist man eben immer an Teilchenbeschleuniger gebunden und das ist hier sehr reizvoll. Als die Stelle hier ausgeschrieben wurde, habe ich mich gleich beworben und das hat dann ja glücklicherweise geklappt.

Fachschaft: An was genau forschen Sie denn?

Kröll: Ich als Frankfurter muss da als erstes mal Goethe vorschieben, also suche ich natürlich das, was die Welt im Innersten zusammenhält. In der experimentellen Kernphysik oder auch Kernstrukturphysik versuchen wir zu verstehen, wie Nukleonen - also Protonen und Neutronen - ihr Zusammenleben im Kern organisieren. Das ist von den Prinzipien her noch schlecht verstanden. Anders herum angefangen: Was wir glauben, recht gut verstanden zu haben, ist die Quantenchromodynamik, also das, was in den Nukleonen selbst passiert. Dennoch sind die quantitativen Ergebnisse nicht überzeugend. Wir verstehen nicht, woher die Masse kommt und wir verstehen überhaupt nicht, woher der Spin kommt. Dies ist die Fundamentale Wechselwirkung und ein bisschen von ihr schwappt aus den Nukleonen heraus und sorgt dafür, dass sich gebundene Systeme bilden können, die Kerne. Problem Nummer eins ist nun, das wir die Wechselwirkung noch nicht fundamental beschreiben können. Problem zwei ist, dass wir im Kern ein Vielkörperproblem haben mit einer Wechselwirkung, die wir eben noch nicht kennen. Das ist eine unbefriedigende Situation.

Fachschaft: Gerade wenn man auf der Suche nach einer fundamentalen Theorie ist, die alle Kräfte beschreiben kann.

Kröll: Ja, deshalb leben wir heutzutage in der Kernphysik von effektiven Modellen oder gar phänomenologischen Modellen. Wir schauen uns das an und stellen fest, dass es so ähnlich ist wie in der Atomphysik oder der Festkörperphysik und versuchen dann, ähnliche Beschreibungsformen darauf anzuwenden. Deshalb gibt es momentan aber fast genauso viele Modelle wie es Phänomene gibt und wir versuchen, diese Modelle alle unter einen Hut zu bringen und mit der fundamentalen Theorie in Verbindung zu bringen. Dazu untersuchen wir die Modelle auf ihre Beständigkeit, indem wir sie auf exotische Kerne anwenden. Das kann man sich so vorstellen, dass man bei exotischen Kernen andere Parameter hat als bei den stabilen Kernen, an denen man diese Modelle entwickelt hat. So hofft man, die Fehler in den Modellen schneller finden zu können. Für Theoretiker sind passende exotische Kerne einfach "herzustellen", für Experimentalphysiker nicht, aber das soll an FAIR besonders gut möglich sein.

Fachschaft: Wie sind Sie damals zum Physikstudium in Frankfurt gekommen?

Kröll: Dass ich in die Naturwissenschaften oder Technik wollte, war mir klar. Geschichte war zwar auch interessant, aber die Berufsaussichten waren mir zu schlecht. Unter anderem habe ich mich auch für E-Technik in Darmstadt interessiert, aber den Studiengang fand ich damals zu verschult, sodass ich dann in Frankfurt in der Physik gelandet bin, die mir viel Spielraum ließ.

Fachschaft: Und wie fiel Ihr Interesse auf die Kernphysik?

Kröll: Zum einen waren die Vorlesungen während meines Studiums zu diesem Gebiet sehr gut, was denke ich oft einen Einfluss auf die Wahl der Spezialisierung hat. Und zum anderen kann man hier die Versuche selbst zusammenbasteln und weiß noch, was genau man da tut.

Fachschaft: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Kröll: Freizeit, was ist das? Früher, als ich noch in Padova und München gelebt habe, war ich viel wandern, was sich aufgrund der Alpennähe ja anbot. Wintersportler bin ich aber keiner, ich breche mir schon was, wenn ich den Schnee nur anschaue. Was sich hier ergibt - (schaut aus dem Fenster) Berge gibt es hier ja keine, mal sehn.

Fachschaft: Wie gefällt Ihnen denn dann Darmstadt?

Kröll: Darmstadt ist schön überschaubar und bietet trotzdem in der Nähe der Uni viele Kultur- und Einkaufsangebote. In München habe ich außerhalb in der Nähe der Physikalischen Fakultät der Uni gewohnt und hatte es vergleichsweise weit in die Stadt zum Kulturangebot. Das ist hier besser.

Fachschaft: Welche Vorlesungen werden Sie halten?

Kröll: Dieses Semester halte ich den Fachkurs Kernphysik. An der TU München habe ich eine Spezialvorlesung mit dem Titel "Moderne Experimente der Kernphysik" gehalten, um den Studenten auch die aktuelleren Entwicklungen auf diesem Gebiet näher zu bringen. Es wäre schön, wenn ich diese Vorlesung auch hier lesen könnte und hoffe natürlich, dann auch in meiner noch nicht bestehenden Arbeitsgruppe Bachelor- und Masterarbeiten zu diesem Thema betreuen zu können. Auf der anderen Seite habe ich für das kommende Wintersemester auch die Physik für Biologen gewonnen, wo ich natürlich vieles neu didaktisch aufarbeiten muss. Es gibt durchaus Verbindungen zur Kernphysik, zur Tumortherapie, denn Biologen müssen ja wissen, was die Strahlen machen, wenn sie auf einen solchen Tumor treffen.

Fachschaft: Können Sie den Studenten besondere Empfehlungen oder Tipps geben, wie man durch das Physikstudium kommt, vor allem im Bezug auf die Mathematikvorlesungen?

Kröll: Auch mir ging es zu Beginn meines Studiums nicht anders als fast allen Physikstudenten, ich hatte Schwierigkeiten mit den Mathematikvorlesungen. Doch ich kann nur sagen, man muss sich durchbeißen und bloß nicht glauben, man benötigt diese Sachen nie mehr, denn viele Physiker haben in ihrem späteren Berufsleben nur noch mit Mathematik zu tun.

Fachschaft: Was raten Sie den Studenten bezüglich Auslandsaufenthalten während des Studiums?

Kröll: Während meiner Studienzeit gab es das noch nicht, aber prinzipiell finde ich das eine gute Sache. Man darf diesen Aufenthalt aber natürlich nicht ausschließlich als Urlaub nutzen.

Fachschaft: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Sind Sie Tee- oder Kaffeetrinker?

Kröll: Ich hoffe, die Kaffeemaschine für mein Büro wird bald geliefert, ich denke, das beantwortet die Frage schon. Das Kaffeetrinken habe ich mir während meines Aufenthaltes in Italien angewöhnt, dort gehört das zum Lebensstil. Man sitzt zwei Stunden in einer Konferenz und diskutiert ohne Erfolg, dann trinkt man gemeinsam einen Kaffee und nach 15 Minuten ist man sich meistens einig.

Fachschaft: Nochmals vielen Dank für das Interview.

 

(von Swetlana Strater und Christian Stock im Mai 2009)

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